1000LUX

Geschichten aus Luxemburg

Piraten und Schätze

Piraten tun es. Osterhasen tun es. Eichhörnchen tun es, aber eigentlich sinnlos. Kinder tun es, meist viel zu laut. Kleptomanen tun es in ihrer Jacke und Schmuggler im Kofferraum. Männer versuchen es mit ihren grauen Haaren. Und Geocacher machen es zum Hobby. Verstecken.

Geocaching, das sind drei Sachen auf einmal. Was zum Erkunden, was zum Rätseln und was zum Lernen. Zur Hand gibt es einen Satz Koordinaten und eine Beschreibung. Die Beschreibung kann alles sein. Eine kurze geschichtliche Aufarbeitung, eine Wegbeschreibung, eine verschlüsselte Botschaft, oder manchmal auch viel zu wenig. Mit GPS-Empfänger und Notizen bewaffnet begibt man sich ins Abenteuer.

Letzten Samstag ging es mit den Notizen verschiedener Schätze nach Wiltz. Mir war klar, alle könne ich nicht schaffen, also pickte ich vor Ort drei.

Der erste Cache war das Lernen. Eine Wegbeschreibung rund um den Autoren Michel Rodange und seine luxemburgische Adaption von Goethes “Reinek Fuchs”. Daraus wurde “Reenert”, dass nun an vielen Plätzen der Stadt gewürdigt wird. Diese galt es zu finden und kleine Rätsel zu lösen. Die Ersten beiden Plätze waren kein Problem, ein Restaurant und eine Säule, beim Dritten fand ich aber schon nicht mehr gesuchtes Objekt. Wie sich herausstellte hatte ich das falsche Koordinatenformat. Das zählt in die Kategorie “Was man durch Geocaching lernt”. Es gibt nicht DIE Weltkoordinaten, sondern es gibt verschiedene Systeme und verschiedene Formate in denen Orte kodiert sein können. Da ich mit der Umrechnung noch nicht firm bin habe ich den nächsten Cache genommen.

Dieser Schatz war das Erkunden. Er führte mich rund ums Schloß von Wiltz. Gegeben war ein Satzkoordinaten und der kleine Hinweis, das ein Ritter auf den Wald blicken und über den Schatz wachen würde. Zugegeben es hätte schneller gehen können, aber das Koordinatenlesen und daran zu deuten wo man jetzt hingehen soll ist mir noch neu. Ich fand hinterm Schloss das „Hexentiirmchen“ und darauf stand mit Schild und Schwert der Ritter. Sein Blick ins waldige Tal gerichtet, wenn auch von Baumgeäst verdeckt. Aber er wachte immer noch und was soll ich kleinlich sein. An der Schloßmauer ging ein Weg entlang und zu füßen des Turms ging es zum Tal runter. Einige dutzend umgedrehte Steine und einen halbheruntergekletterten Abhang später fand ich meinen Schatz. Mein Blick war bei den Steinen, doch als ich meinen Blick zum Ritter aufrichtete sah ich ihn grell leuchtend unter einer Wurzel.

Der dritte Schatz sollte das Rätsel abdecken. Jetzt nicht nur weil die Aufgaben sonderlich schwer waren, sondern, weil sie viel Überwindung erforderten. Der Turm ist ein Ehrenmal an die Teilnehmer des Generalstreiks von 1942, die von den nationalsozialistischen Besatzern standrechtlich Erschossen wurden. Unter dem Turm ist eine kleine Gedenkgrotte. Darüber eine große Terrasse mit Zugang zum Turm.

Nun gab es zwei Probleme. Wie schon fast in der Beschreibung angekündigt war der Zaun vom Turm abgeschlossen. Allerdings nichts, was man in einem muggelfreien Moment nicht überkommen konnte. Ich musste da hoch. Schlimmer weitaus hemmender war meine ab Stufe 62 einsetzende Höhenangst. Aber noch einmal, ich musste da hoch und so kämpfte ich mich zählenden Schrittes jede Stufe bis ganz nach oben. Mir ging es elendig. Ich wollte nur noch auf vier Pfoten weiter oder besser gleich einfach hinlegen. Die Knie waren buttergleich und die Hände wollten nicht stillhalten. Ich musste mich setzen und erstmal durchatmen. Ich sah aus wie ein getretener Hund, der sich verkriecht oder lieber einfach nur verkriechen will. Im Kopf ging mir eine Liste von Menschen durch den Kopf, die mich so nicht sehen sollten. Was mach ich hier nur? Und das für nicht mehr als meinen Namen im Logbuch dieses Caches eintragen zu können. Man sollte meinen, das sei eine schlechte Aufwandsentschädigung. Immerhin der Blick war toll.

Als ich wieder unten war suchte ich eine Bank und als ich eine halbe Stunde später von der wieder aufstand hatten sich meine Knie erst so halb erholt. Ich machte mich also an die Rätselauflösung. Die einzelnen Elemente ergaben Zahlen und die über eine Formel verrechnet wieder einen Satz Koordinaten, der … Tatata in der Koordinatenschreibweise vom ersten Cache war. An der Formel könnte ich auch noch was meckern aber nagut. Noch war auch dieser Cache ab zu brechen.

So endete der Tag mit einer Ausbeute von 1/3, was ich trotz allem zufriedenstellend finde. Davon abgesehen ist Wiltz eine schöne Stadt, herrlich gelegen und nur eine Station hinter Paradiso, was seinen Namen redlich verdient entfernt. Ich glaub ich komm nochmal wieder und löse den Rest. Dann aber besser vorbereitet als jemals zuvor.

Dem Pirat geht es ums Gold, dem Geocacher um den ganzen Rest.

3. Juni 2009